Pressespiegel

10.10.2019 03:47 Alter: 5 yrs

Grußwort von Konstantin Wecker zum Chorfest in Marten am Samstag, 12. Oktober in der Immanuelkirche

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich freue mich sehr, dass auch Ihr Euch mit meiner Vertonung des Lothar Zenetti Textes "Was keiner wagt" in der Chorfassung von Martin Folz beim Chorfest für die Vielfalt einsetzt und grüße herzlich alle Teilnehmenden!

Meinem Liedfreund Willy teile ich ja aktuell in den Konzerten auch wieder mal meine sehr großen Sorgen um die Vielfalt mit:

Was ist nur geschehen seit jener großartigen Bürgerbewegung der „Willkommenskultur“, die uns hoffen ließ, dass der Neoliberalismus doch nicht den letzten Rest von Mitgefühl aus den Herzen der Menschen verjagt hat? Ein eigentlich völlig selbstverständliches Mitgefühl für gejagte, verfolgte, hungernde, gepeinigte, verletzte Menschen, das nur psychisch völlig verrohten und gestörten Wesen nicht zu eigen ist. Und natürlich ideologisch Verblendeten, die ihr ach so gut durchdachtes starres Weltbild scheinbar aus freiem Willen wie eine Zwangsjacke über alles Lebendige ziehen.

Gewissenlose Potentaten, die schnell die Chance erkannten, ihre bröckelnde Machtposition wieder zu festigen, schlugen erbarmungslos zu: mit Parolen und Fake News, mit vorgeschobener Bürgernähe und fahnenschwenkendem Unsinn. Sie wussten wohl, was für Ängste in den von einem gnadenlosen Kapitalismus verunsicherten BürgerInnen lauerten und weckten den Leu, der in allen Verängstigten lauert: Denn wer seine Identität nicht in seinem tiefsten Selbst wahrnehmen kann, sucht sich Identität bei „Identitären“. In etwas „Größerem“, “Hehren“ – in Volk, Nation und Vaterland.

Vielleicht erscheint der Widerstand vielen sinnlos. Und mancher mag sich sagen: „Was kann ich denn schon tun, alleine, ohne Gleichgesinnte?“ Denen gilt es nun Mut zu machen, denn die mit dem Herzen denken sind – und da bin ich mir sicher – immer noch in der Überzahl.

Nach wie vor glaube ich, dass eine spirituelle Revolution am Wachsen ist, und mir kommt dieses ganze Machogehabe verunsicherter Männlein wie Trump, Erdogan, Putin, Kim, Orban, Gauland, Strache, Kurz und Söder und wie sie alle heißen mögen wie das – hoffentlich! – letzte große, fast verzweifelte Aufbäumen des Patriarchats vor.

Lassen wir uns von ihnen nicht ins Bockshorn jagen. Lassen wir uns nicht verführen von den sogenannten „Führern“.

Widerstehen wir mit all dem, was uns als menschlichen Wesen gegeben ist an Mitgefühl und Verstand, Poesie und Zärtlichkeit!

Gestern habns an Willy daschlagn, aber heit halt ma endlich zamm.

Konstantin Wecker

Foto: Roland Pohl

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